Wir schreiben das Jahr 1908, als in Trier die ersten schlanken Tabakprodukte die Zigarettenfabrik von Heinrich und August Neuerburg verlassen. Die beiden Brüder erkannten die Zeichen der Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts: Moderne Zigaretten waren der neue Tabaktrend und liefen den bis dato allseits beliebten Zigarren den Rang ab. Heute steht die Zigarettenproduktion in Trier unter dem Label von JT International Germany GmbH – deutsche Tochtergesellschaft der JT International SA, Tochter wiederum von Japan Tobacco Inc. mit bekannten Markennamen wie Camel, Benson & Hedges oder Winston.
Ausgabe 03/2018 Artikel und Compact News
Artikel
- Artikel Mit Unterdruck bis zu 20.000 Zigaretten – pro Minute!
JTI setzt in Trier und Teneriffa auf energieeffiziente Verdichtertechnik von AERZEN
Hohes Tempo mit Unterdruck
Um die Bedeutung des hochverfügbaren und präzise eingestellten Unterdrucks von rund 340 mbar zu erschließen, lohnt sich der Blick auf die Abläufe einer Zigarettenmaschine. Das hohe Tempo macht es unmöglich, Halte- und Übergabefunktionen wahrzunehmen. „Bei gut 20.000 Stück in der Minute treten Fliehkräfte auf, denen wir haltend entgegenwirken müssen. Mechanische Lösungen würden unweigerlich Verformungen, Abdrücke und Beschädigungen der empfindlichen Zigaretten mit sich bringen“, erklärt Arnhelm Köster. Mit einem Druck, der etwa einem Drittel des üblicherweise herrschenden Atmosphärendrucks entspricht, wird das Zigarettenpapier von der Rolle außen an eine Kontur gesaugt, damit sich dieses um einen rund geformten Endlostabakstrang legen kann. Das Papier wird an der Längsnaht verleimt, der fertige Zigarettenendlosstrang wenig später auf Länge geschnitten. Unterdruck ist ebenfalls notwendig, um die Zigarettenabschnitte im Durchlaufverfahren mit ihren Filtern zu verbinden. Diese Prozesse lassen sich mit einem schnell drehenden Karussellverbund aus zylindrischen Produktträgern vergleichen, die synchron die Zigaretten von einer Station in die nächste übergeben. Der Unterdruck wirkt dabei über kleine Löcher in den Ausbuchtungen, in denen die Zigaretten liegen. Im Inneren der Zylinder gibt es sogenannte Vakuumspiegel. Sie fungieren als Abdichtung zwischen Zonen unterschiedlichen Drucks.
AERZEN Delta Screw haben Schlüsselfunktion
Der kurze Einblick in das Prinzip der modernen Zigarettenherstellung macht die Bedeutung der Unterdruckerzeugung deutlich. „Und Unterdruck brauchen wir in großen Mengen“, betont Arnhelm Köster. JTI war im Zuge allgemeiner Modernisierungen und einer Betriebserweiterung auf der Suche nach einem Partner für diese Schlüsselfunktion, die im Werk Trier in drei zentralen Stationen untergebracht ist. Zwei AERZEN Schraubenverdichter vom Typ Delta Screw arbeiten heute rund um die Uhr in der Station 3. Sie ist die neueste und auch die, deren Leistung am meisten abgerufen wird. Zwei weitere Stationen mit älteren Geräten sind zwar ebenfalls mit dem Prozessluftnetz verbunden, dienen aber mit Blick auf die Betriebssicherheit mehr der Redundanz. Mit dieser Aufgabenverteilung stellt JTI im Dreischichtbetrieb die Verfügbarkeit sowie den größtmöglichen Wirkungsgrad sicher. „Redundanz ist in der Betriebstechnik genauso ein großes Thema wie die Energieeffizienz.“ Daraus leitet sich für den Leiter der Betriebstechnik direkt das Anforderungsprofil an die Verdichter ab: „Ich erwarte, dass sie effizient, störungsfrei und wartungsarm arbeiten. Die Aggregate sollen über einen langen Zeitraum einfach ihren Job machen.“
Enge Projektzusammenarbeit
Die Entscheidung für AERZEN sei das Ergebnis einer umfangreichen Marktanalyse gewesen. Zudem gab es eine Empfehlung von den Kollegen des JTI Global Engineerings. „Wir vergleichen Daten wie den Energieverbrauch über den Lebenszyklus hinweg und sehen uns auch Referenzprojekte an. Neben der Energieeffizienz zählen natürlich auch Attribute wie eine hohe Maschinenverfügbarkeit, zahlreiche Sicherheitsaspekte und ein niedriges Wartungsaufkommen für das Produktportfolio des niedersächsischen Maschinenbauers.“ Die enge Zusammenarbeit mit dem AERZEN Engineering tat ihr Übriges, um die Modernisierung und Aufrüstung der Produktionsstrecke schnell und reibungslos zu bewerkstelligen. „Es gibt Unternehmen, die produzieren gute Produkte, und es gibt Firmen, die außerdem mit Entwicklungsleistung überzeugen können – bis hin zur gemeinsamen Planung von Projekten. Beispielsweise wenn es darum geht, wie die neue Technik am besten in bestehende Infrastrukturen integriert werden kann“, beschreibt der JTI-Betriebsleiter die positive Zusammenarbeit mit AERZEN. Dabei stehe die Kommunikation an erster Stelle. „Wir sind auf einer Wellenlänge“. Der Erfolg in Trier führte schließlich dazu, dass die gleiche Technik jetzt auch im JTI-Produktionswerk auf Teneriffa im Einsatz ist. Die Delta Screw-Aggregate des Typs VML 95 sind auf den Kanaren wie in Trier ausgestattet mit einem per Frequenzumrichter drehzahlgesteuerten Direktantrieb. Mit einer Antriebsleistung von 315 kW liefert jede Einheit einen maximalen Volumenstrom von 5.760 Kubikmetern mit größtmöglicher Energieeffizienz. Der notwendige Leistungsbedarf ist direkt gekoppelt an eine Drucküberwachung. Die beiden VML 95-Schraubenverdichter werden mit der Aggregatesteuerung AERtronic an ein übergeordnetes System angebunden. Damit hat JTI die Möglichkeit, die beiden Maschinen optimal im Verbund zu betreiben. Zudem ist der Weg für die Maschinenüberwachung geebnet. „Wir wollen wissen, wie es unseren Anlagen geht und wie gut sie laufen“, meint Ulrich Kirchen, Energieanlagenelektroniker bei JTI. Die Einbindung der Delta Screw VML 95 in die Leitebene macht dabei den Weg frei für eine vorbeugende Wartung und die Zustandsüberwachung in Ist-Zeit. Mit der richtigen Analyse von Betriebszuständen und Einzelwerten können die Betriebstechniker etwa sichere Aussagen darüber treffen, wann die zwischen Produktion und Schraubenverdichter geschalteten Filter so weit zugesetzt sind, dass sie ausgetauscht werden müssen. Diese Maßnahmen sind notwendig, um die Schrauben der Delta Screw vor nicht zu vermeidendem Staub oder Tabakpartikeln aus der Produktion zu schützen.
Fazit
Der Blick in die Betriebstechnik bei JTI zeigt, welchen Stellenwert Gesamtsysteme inklusive einer engen Engineering-Zusammenarbeit in Projekten einnehmen. Dabei werden Investitionsentscheidungen immer weniger in Folge einzelner Maschinenpreise getroffen, sondern aufgrund einer detaillierten Analyse der Gesamtbetriebskosten. Hierbei spielt auch die Maschinenverfügbarkeit eine zentrale Rolle, weil der Produktionsausfall bei einer Störung meist einen vielfachen Wert dessen annimmt, was anfangs vielleicht beim Kaufpreis eingespart wurde.