Ausgabe 02/2018 Artikel und Compact News

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  -   Artikel Effizienzgewinn durch Modellierung

Abwassertechnik: Der Löwenanteil des bei der Abwasserreinigung eingesetzten elektrischen Stroms fließt in die Belebung. Bei Energiestudien lohnt es sich, die Prozesse gerade hier genau unter die Lupe zu nehmen.

Der Löwenanteil des bei der Abwasserreinigung eingesetzten elektrischen Stroms fließt in die Belebung. Bei Energiestudien lohnt es sich, die Prozesse gerade hier genau unter die Lupe zu nehmen. Armin Meister setzt mit seinem Ingenieurbüro bei der Bestandsanalyse und Optimierung von Kläranlagen auf dynamische Modellierungsverfahren aus der Systemtheorie. Mit dieser strukturierten Herangehensweise ist es dem Physikingenieur bei der Kläranlage Bingen gelungen, den Energiebedarf durch konzeptionelle Veränderungen und den Einsatz moderner Hybridgebläse sowie Engineeringdienstleistungen von AERZEN erheblich zu senken. Parallel dazu stieg die Eliminationsleistung der Anlage gravierend.

Der größte Hebel heißt Prozessverbesserung

Durch Modellierung Prozesse und Umwelt nach vorne bringen: Für die auf 80.000 Einwohnergleichwerte ausgelegte Kläranlage in Bingen führte diese tiefgreifende Herangehensweise zu einer erheblichen Verbesserung und Stabilisierung der Reinigungsleistung. Die Energieeinsparungen im Bereich der Belebungsstufe teilen sich etwa je zu Hälfte in konzeptionelle Verbesserungen und den Einsatz besserer Maschinentechnik. „Energiekosten und Einleitwerte bestimmen neben Personal und Instandhaltung die Betriebskosten“, fasst Armin Meister zusammen – vor allem, weil niedrige Einleitwerte direkt zu fallenden Abwasserabgaben an das Land führen. Investitionen lohnen sich also doppelt.

Die optimierten Prozesse fordern in der technischen Ausführung Systeme, die sich mit Hilfe eines schnellen und dichten Netzes von Sensorik möglichst durchgängig im optimalen Lastpunkt fahren lassen. Armin Meister hat dafür die Lastkurven mehrerer Jahre untersucht und darauf aufbauend die Modellierung entworfen. Sie bildet die Grundlage, die zukünftigen Anforderungen an die Verdichterstationen zu definieren. „So war es möglich, bei Gewährleistung der abwassertechnischen Anforderungen sowie der erforderlichen Redundanz die – in Bezug auf den Energieverbrauch und die Gesamtwirtschaftlichkeit – optimale Aggregatauswahl zu treffen.“ Dies führte zu AERZEN <link>Drehkolbenverdichtern vom Typ <link>Delta Hybrid. Diese vereinen zwei Luftförderverfahren in einem Gerät: Das Roots-Prinzip als Volldruckverdichtung für niedrigen Druck und das Schraubenverdichter- Prinzip mit innerer Verdichtung für höheren Druck. Berechnungen zeigen, dass der Drehkolbenverdichter im Vergleich zu herkömmlichen Kompressoren bei der absolut ölfreien Luftförderung bis zu 15 Prozent weniger Strom benötigt. 

Betrieb bei optimalen Lastpunkten

Vier Delta Hybrid sind es, die in Bingen annähernd 90 Prozent der Betriebsfälle abdecken, sodass die älteren und energetisch ungünstigeren Bestandsaggregate ausschließlich bei seltenen Hochlast- oder Redundanzereignissen zum Einsatz kommen. Mit Blick auf die optimalen Lastpunkte sind die Drehkolbenverdichter mit abgestuften Leistungen und entsprechend angepasster Motorengröße für zwei unabhängige Druckluftsysteme im Einsatz.
Der größte Delta Hybrid Drehkolbenverdichter vom Typ D 62 S liefert mit 110 kW Motorleistung und 1.000 mbar maximalem Differenzdruck bis zu 3.500 Kubikmetern in der Stunde. Die Typen D36S, D24S und D12S sind kleiner dimensioniert und fördern 2.150, 1.390 und 690 Kubikmeter pro Stunde mit Motorleistungen von 75, 55 und 30 kW. Installiert sind die beiden kleineren Aggregate im vorhandenen Maschinenhaus, in dem auch die Bestandsgeräte stehen. Die beiden großen Delta Hybrids sind im Freien platziert. Eine einfache Überdachung schützt sie vor der Witterung.

Robuster Aufbau für Outdoor-Einsatz

Die Entscheidung, die beiden <link>Delta Hybrid Typen D62S und D36S „outdoor“ aufzustellen, hatte zwei Gründe: Zu wenig Platz und eine unzulängliche Belüftung im Maschinenhaus. Der bei der Luftverdichtung herrschende Joule-Thomson-Effekt hat zur Folge, dass sich das verdichte Gasgemisch erwärmt, weil die Moleküle durch den höheren Druck enger zusammenrücken. Ein Plus von 100 Millibar zieht ein Temperaturdelta von +10 Grad Celsius nach sich. Dies erhöht die erforderliche Verdichtungsarbeit in Folge reduzierter Luftdichte und eines geringeren Sauerstoffgehalts der Ansaugluft. Mit der Außenaufstellung können die Delta Hybrid die Verlustwärme wesentlich effektiver an die Umgebung abgeben und ihrerseits Luft ansaugen, die nicht thermisch vorbelastet ist. Dieser Zusammenhang wirkt sich genauso auf die Energieeffizienz aus, wie der Einsatz einer in ihrer Leistung maßgeschneiderten Technik. Ein Aspekt an dieser Stelle: Der Betrieb der <link>Drehkolbenverdichter mit einem Frequenzumrichter für die bedarfsgerechte und damit sparsame Drehzahlsteuerung des Antriebsmotors. Die vier Baugrößen der Delta Hybrid mit ihren skalierten Motorleistungen machen es zudem möglich, die auf der Zeitachse am häufigsten auftretenden Lastpunkte mit dem besten Wirkungsgrad zu bedienen. Zudem sorgt der hohe Stellbereich der <link>Delta Hybrid dafür, dass es großzügige Überlappungsbereiche zwischen den Aggregaten gibt. Diese sind notwendig, um auch bei fortwährenden Lastwechseln der Anlage ein optimales Einregeln aller Betriebspunkte und ein stabiles Einhalten der Regelungsvorgaben zu gewährleisten. Dies ist insbesondere im vorliegenden Fall wichtig, denn die Belebungsbecken der Kläranlage in Bingen sind nicht in fixe Zonen für den Ammoniumabbau und die Nitrifikation unterteilt. Vielmehr lassen sich durch Verschaltung von Beckenzonen und die präzise Luftsteuerung der am Beckenboden montierten Flächenlüfter die Bereiche der unterschiedlichen biologischen Abbauprozesse entsprechend der Schmutzfrachten variabel anpassen.
In welche Bereiche Luft in welcher Menge gebracht wird, ist über steuerbare Regelschieber bedarfsgerecht einstellbar. Damit jedoch zu weit geschlossene Klappen nicht den Gegendruck in der Versorgungsleitung ansteigen lassen, gibt es eine Gleitdruckregelung. Dahinter steht das optimale Zusammenspiel aus Volumenstrom, Klappenstellung und Druck. „Zu weit geschlossene Drosseln vernichten schlicht Energie. 100 Millibar mehr Druck bedeuten 20 Prozent mehr Energieverbrauch“, macht der Planer deutlich. „Wenn es darum geht, die Qualität einer Anlage zu verbessern, dann sind präzise, stabile und in der Geschwindigkeit auf die gekoppelten Prozesse abgestimmte Regelverfahren unabdingbar“. In Bingen arbeitet dafür im Hintergrund ein mehrstufiger Regelprozess mit einer Druckregelung als führende Größe für die Verdichtereinstellung mit einer Verzögerungszeit von etwa einer halben Minute. Zeitlich davon entkoppelt ist die Regelung der Sauerstoffkonzentrationen in den Belebungszonen mit Einschwingzeiten von etwa 10 bis 15 Minuten, die auf die Regelschieber in der Druckluftzuleitung wirken. Deren Stellung sorgt für die kontinuierliche Anpassung des Systemdruckes und bewirkt damit die oben genannte Gleitdruckregelung.

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